Aktuelle Ausstellung: 

 

GÜNTER BRUS
„Sichtweisen Sichtweiten“

Anlässlich des 85. Geburtstags von Günter Brus, zeigen wir einen umfassenden
Querschnitt seines künstlerischen Œuvres von 1957 bis heute.


Galerie Sommer, Liebenauer Hauptstraße 322, 8041 Graz


Ausstellungsdauer: 22. September – 28. Oktober 2023

Öffnungszeiten:
MI bis FR: 13 – 19 Uhr, SA: 10 – 13 Uhr
Außerhalb der Öffnungszeiten nach Vereinbarung

Günter Brus. Sichtweisen Sichtweiten
Unter dem Titel „Sichtweisen Sichtweiten“ zeigt die Galerie Sommer eine beeindruckende Werkschau von Günter Brus, die von seinen ersten Arbeiten Ende der 1950er-Jahre bis zu den neuesten Blättern, die aus der Konsequenz des Corona-Lockdowns entstanden sind, reicht. Gerhard Sommer begleitet den Künstler, der im September seinen 85. Geburtstag feiert, mittlerweile seit 25 Jahren und hat über die Jahre nicht nur zahlreiche wichtige Werke erwerben und vermitteln können, sondern auch rares Archivmaterial gesammelt, das die Grundlage für jede Kunstgeschichte legt. Die Ausstellung versteht sich daher nicht nur als Rückblick auf 65 Jahre künstlerisches Schaffen, sondern auch als einmaliger Einblick in die Schaffensprozesse von Brus und sein soziopolitisches Umfeld. Zahlreiche Publikationen, Editionen, Drucksorten, Plakate und Zeitungsausschnitte spiegeln den jeweiligen Handlungsspielraum des Künstlers, die raren Möglichkeiten von Öffentlichkeit und die Resonanz seiner Kunst in der Gesellschaft.
Günter Brus wird im Anschlussjahr 1938 in Ardning geboren und wächst nach eigenen Aussagen in zwei Wirtshäusern in Stainz und Mureck auf. Eine Bekannte der Familie erkennt sein zeichnerisches Talent und überzeugt die Eltern, ihm den Besuch der Kunstgewerbeschule in Graz zu ermöglichen, um Werbegrafiker zu werden. Ohne eine Aufnahmeprüfung ablegen zu müssen, wird er alleine durch seine Zeichenmappe an der Akademie für angewandte Kunst aufgenommen. Im Wien der späten 1950er-Jahre wird der gebürtige Steirer zunächst mit Skepsis und Unverständnis begrüßt, um in den nächsten Jahren durch Ablehnung, Repression und Verfolgung wieder vertrieben zu werden. Aus der gestischen Malerei des Informel kommend legt er den Fokus ganz auf die körperliche Geste und findet zur entscheidenden Akzentverschiebung vom fertig gestellten Objekt zum ephemeren Geschehen im Raum, das mit Foto und Film dokumentiert wird. Seiner ersten Aktion „Ana“ (1964) folgen so ikonische Arbeiten wie die „Selbstbemalung“ (1965) oder der „Wiener Spaziergang“ (1965). Weiß bemalt geht er mit jenem für ihn charakteristischen schwarzen zuckenden Strich gleichsam längs geteilt als lebendes Bild vom Heldenplatz in Richtung Stephansplatz und wird bereits auf halbem Weg von einem Polizisten angehalten. Er erhält eine von vielen Strafanzeigen.
Mit Otto Mühl begründet Brus 1966 das „Wiener Institut für Direkte Kunst“ unter dessen Schirmherrschaft sie drei „Totalaktionen“ durchführen, die sie durch diverse selbstgedruckte Flugblätter ankündigen, die in der Ausstellung zu sehen sind. Im Laufe des Jahres 1967 entwickelt Brus sein Konzept der „Körperanalysen“, bei dem er elementare existenzielle Erfahrungen thematisiert. Er verzichte auf klassische Künstlermaterialien um ausschließlich mit seinem Körper und dessen Funktionen zu arbeiten: „Mein Körper ist die Absicht, mein Körper ist das Ereignis, mein Körper ist das Ergebnis.“ Es gibt keinen Verfremdungseffekt mehr, die Erfahrung ist unmittelbar und direkt. Der gemalte Strich auf dem Körper wird zum Schnitt in sein Fleisch, die Farbe wird ersetzt durch Körperflüssigkeiten.
Als Brus am 7. Juni 1968 im Rahmen der Veranstaltung „Kunst und Revolution“ im Hörsaal 1 des neuen Institutsgebäudes der Wiener Universität eine Körperanalyse durchführt, kommt es zum Skandal. Brus wird zum erklärten Feindbild der Boulevardpresse und zum „meistgehassten Österreicher“ erklärt. Es folgt eine mediale Hetzkampagne und Diffamierung, die Peter Weibel dazu veranlasst von „Pogromstimmung“ zu sprechen. Brus wird angeklagt und wegen „Herabwürdigung österreichischer Symbole“ und „Verletzung der Sittlichkeit und Schamhaftigkeit“ zur Höchststrafe von sechs Monaten „strengem Arrest“ verurteilt. Er flieht mit seiner Frau Anna nach Westberlin, wo u.a. die Streitschrift „Unter dem Ladentisch“ entsteht, in der er die Zeitungsartikel, Straferkenntnisse, psychiatrischen Gutachten und Drohbriefe abdruckt und verarbeitet. Im Aktionsraum 1 in München führt Brus 1970 seine letzte Aktion durch: die „Zerreißprobe“. Die Aktion selbst besteht aus mehreren kurzen „dramatischen Situationen“, Psycho-Dramoletten, wie Brus sie nennt. Er schneidet sich mit der Rasierklinge, uriniert auf die Wunde, näht diese selbst zu, ritzt sich den Hinterkopf auf, schlägt sich mit der Peitsche, wirft sich zu Boden und bleibt irgendwann erschöpft liegen. Am Höhepunkt der Aktion sind die Extremitäten des kahlgeschorenen Künstlers in Schlingen, an deren Enden er selbst zieht, während von der Wunde am Hinterkopf das Blut seinen Rücken herunterrinnt. Der schwarze Strich aus dem „Wiener Spaziergang“ ist zur roten Blutspur geworden.
In Berlin gründet Brus gemeinsam mit Muehl, Gerhard Rühm und Oswald Wiener, der 1969 ebenfalls nach Berlin geht, aus Protest gegen die erlittenen Repressionen die „Österreichische Exilregierung“. Ihr publizistisches Zentralorgan wird „Die Schastrommel“, die später in „Die Drossel“ umbenannt wird. Diese Künstlerbücher zeigen jedoch nicht nur eine kämpferische Protesthaltung gegen erlittenes Unverständnis und Unrecht, sondern auch wie eine Publikation zu einer Plattform für avantgardistisch arbeitende Künstler werden kann. Die jeweiligen Sonderausgaben mit Spezialeinbänden und beigefügten Originalwerken, für die es damals noch keine wirkliche Sammlerschaft gab, spiegeln nicht nur Idealismus und Detailliebe wieder, sondern auch die Suche nach alternativen Präsentationsmöglichkeiten, da sich die Galerien nur beschränkt interessiert zeigen. Auch die legendären Editionen von Armin Hundertmark passen zu dieser Auffassung, mit dem Do-it-yourself-Prinzip ein neues Publikum zu erreichen. Aus der Zusammenarbeit mit Hundertmark gehen einige der bemerkenswertesten Editionen der Zeit hervor, bei denen Brus im Wesentlichen dem Prinzip treu bleibt, für jede Ausgabe ausschließlich Originalzeichnungen zu verwenden. Mit der Edition  „Der Balkon Europas“ eröffnet sich für ihn zudem ein neues künstlerisches Prinzip, denn er erkennt in der Kombination von Schreiben und Zeichnen ein Potenzial, das er zum Genre der Bild-Dichtung weiterentwickelt. Die Bild-Dichtung ist eine Synthese von Sprache und Bild, bei der sich die beiden Ausdrucksformen nicht bedingen, sondern ein dialektisches und kontrapunktisches Neben- und Miteinander führen. Der Text gibt keine Erklärungen zum Bild ab, doch ist er reich an sprachlichen Bildern und Metaphern, die Zeichnung stellt keine Illustration des Geschriebenen dar, obgleich in ihr ebenso poetisch erzählt wird.
Seit den 1970er Jahren entstehen nicht nur umfangreiche Bild-Dichtungen, sondern auch tausende von Einzelzeichnungen die ein Fortleben körpernaher und existenzieller Themen zeigen. Es handelt sich um visionäre Darstellungen, die durchdrungen sind von einer Atmosphäre des Unheimlichen und Schaurigen und die oftmals in romantischen Traditionen gründen. Die Zeichnungen verschmelzen Reales und Imaginäres, Beobachtungen des Alltags und Reflexionen des Unbestimmten, momenthafte Ereignishaftigkeit mit zeitloser Dauer, schonungslose Radikalität mit subtiler Poesie, höchste Luzidität mit abgründiger Dunkelheit. Trotz der mitunter gnadenlosen Härte kommt doch auch der Humor nie zu kurz, der sich in metaphorischen Darstellungen, märchenhaft-grotesken Gestalten, gezeichneten Bildwitzen und natürlich zahllosen Wortspielen, Kalauern und Schüttelreimen offenbart. Hier zeigt sich der Künstler wie man ihn sonst wohl am ehesten privat erlebt: als genauer Beobachter, scharfzüngiger Kommentator, geistreicher Gesprächspartner und humorvoller Geschichtenerzähler. Der Pionier der Körperkunst gilt hat ein Oeuvre von geschätzten 40.000 Zeichnungen geschaffen. Ein Ausschnitt seiner weiten Sichtweisen ist ab 22. September in der Galerie Sommer zu sehen.

 

ART AUSTRIA Highlights 2023 | 28.09. - 01.10.2023

Wiener Eislauf Verein | Lothringer Straße 22 | 1030 Wien

Stand 1

Öffnungszeiten:
Donnerstag, 28. September 2023 Preview & Vernissage (nur mit persönlicher Einladung, bzw. Art Austria Highlights VIP Ticket)
Freitag, 29. September 2023 von 11 - 19 h
Samstag, 30. September 2023 von 11 - 19 h
Sonntag, 1. Oktober 2023 von 11 - 18 h





In unseren Räumlichkeiten im Palais Kazianer in der Stempfergasse 3, 2. Stock, 8010 Graz

Kunst der Flucht. Kunst der Fuge.


2. bis 22. Oktober 2023
Do. und Fr.: 12 - 18 Uhr | Sa.: 10 - 13 Uhr

Intro von Elke Murlasits
Nur zu gerne wird über Migration und Flucht als brennendes „Problem“ der Jetztzeit gesprochen, das schnellstmöglich „gelöst“ werden solle. Auf dass es endlich wieder Ruhe und Einheit gäbe. Dabei wird übersehen, dass Wanderungsbewegungen Konstanten der Menschheit sind: auf der Suche nach Nahrung, nach Heimstätte, nach Sicherheit. Auch Graz, als vermeintlich „deutscheste Stadt der Habsburger Monarchie“ weit über seine Grenzen bekannt, hat die Geschichte seiner Heterogenität gerne übersehen. Spuren gäbe es genug, man muss nur hinsehen: im Grazer Stadtraum etwa die sogenannte Windische Herrengasse oder die Welsche Kirche, in den Volkszählungen ab 1880 die Anzahl der Menschen mit nicht-deutscher Umgangssprache. Auch in der Kunst finden sich zahlreiche Verweise, die belegen, wie zentral Migrationsbewegungen für die Menschheit waren. Da finden sich Darstellungen der biblischen Menschheitsgeschichten sowie der eigentlich permanenten Wanderung des Volkes Israels. Es werden die Flucht aus Sodom gezeigt, aber auch polnische Flüchtlinge des 20. Jahrhunderts. Die Arbeiten von Heinz Trenczak führen schließlich bis ins Heute und verknüpfen so unsere Alltagsrealität mit der Geschichte.

12 + 1 Orte
Café Global – Leechgasse 22
Die Kometin – Rechbauerstraße 19a, Hofgebäude Forum Stadtpark Graz – Stadtpark 1
Galerie Sommer – Stempfergasse 3
Kirche St. Andrä – Kernstockgasse 9
Kultum b.d. Minoriten – Mariahilferplatz 3
iG! Kultur in Graz – Volkshaus, Lagergasse 98a
Kunsthaus – Lendkai 1
< rotor > – Volksgartenstrasse 6a
Schaumbad/Freies Atelierhaus – Puchstraße 41
Studio Barbara Edlinger – Bürgergasse 11
Volkskundemuseum – Paulustorgasse 11-13a
a13 „Atelier 13“ – Galerie Zwischenbilder; Amtshaus, Schmiedgasse 26

Ein Projekt von Heinz Trenczak
Idee, Konzept, Gesamtleitung
Manfred Stocker ... Beratung, Projektmanagement  •  Hans Georg Tropper ... Druck, Blowups der Stiche  •  Eugen Lendl ... Beratung, Leihgeber  •  Josef Fürpaß ... Grafik, Design
Clemens Kranawetter ... Beratung, Ausstellungsbau  •  Johannes Maier, Christian Meixner ... Transporte, Ausstellungsbau
Uta Bader ... Passepartouts im „Atelier 13“   •   Masoud Razavy Pour ... Videotechnik
Unterstützt von: Land Steiermark Kultur, Stadt Graz Kultur, Zukunftsfonds der Republik Österreich, Eine Kooperation mit dem steirischen herbst ’23, Haus Styriarte, Marga Enge,
Styrian Art Foundation,  Heidrun Primas, Vis-à-vis Filmproduktion, Wandzeitung Ausreißer

Dank an: Robin Klengel, Anton Lederer, Elke Murlasits, Johannes Rauchenberger, Johannes Mindler-Steiner, Evelyn Tschernko, Alois Kölbl, Nikolaus Pessler,
Petra Lex, Anita Hofer, Mathis Huber, Mariella Widauer, Vitaliy Patsyurkovskyy, Margret Roth, Edith Temmel, Mohamed Moursi, Birgit Johler, Katrin Bucher-Trantow,
Florian Ungerböck, Barbara Edlinger, Evelyn Schalk

 



 

  

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